Ayurveda in da Yogamix

Anke im Ayurveda-Ashram oder wie ich einen Elefantengott anbetete

Ich neige ja dazu, mir regelmäßig etwas Gutes zu tun. Und ich hatte gehört: Ayurveda: Das ist klasse! Die Ernährung tut gut, die vielen Massagen tun gut, und überhaupt kann eine kleine Auszeit nicht schaden.

Ich starte also die Recherche. Wohin soll ich gehen? Ayurveda kommt ja bekanntlich aus Indien, eine über 2000 Jahre alte Lehre des Körpers, die in Indien natürlich neben der Schulmedizin auch heute noch praktiziert wird – auch von sehr sehr vielen Europäern natürlich, die dann in die Ayurveda- und Yoga-Ashrams pilgern.

Aber: Indien ist mir für „mal was Gutes tun“ zu teuer, also suche ich in heimischen Gefilden und stoße auf den nach eigenen Angaben größten Yoga-Ashram Europas – das Yoga Vidya Zentrum in Bad Meinberg im Teutoburger Wald. Die haben nämlich neben vielen Yoga-Kursen auch eine Ayurveda-Oase. Und was wirklich sehr verlockend ist, das ist der Preis. Keine 600 Euro für eine kleine Ama-Entgiftungskur – dort sind sechs Übernachtungen (im Einzel- Doppel- oder Mehrbettzimmer oder im Zelt), eine Konsultation bei einem Ayurvedaarzt und fünf Massagen mit Entspannungsbädern UND zwei vegane Mahlzeiten pro Tag enthalten.

Das ist nicht viel, Bad Meinberg ist von meinem Heimatort Siegen nur zweieinhalb Stunden entfernt und so habe ich gebucht und habe viele wundersame Dinge erlebt, ich habe zum Beispiel einen Elefantengott angebetet. Wie es dazu kam.

Seltsame Menschen in seltsamer Welt: Yoga Vidya in Bad Meinberg

Das Yoga Vidya Zentrum am Yogaweg in Bad Meinberg ist eine geschlossene, skurrile Welt für sich. Man stelle sich vor: Bad Meinberg - einst strahlende Kurstadt mit unzähligen Reha- und Kurkliniken: tot! Seitdem die klassische Kur nicht mehr von den Kassen gezahlt wird, ist das Stadtbild – sagen wir mal: sehr trostlos. Viele Leerstände, wenn Geschäfte, dann für die wenigen alten Menschen, die dort sind -  mit 50er Jahre Dekoration samt Spike-Deo und Toska-Parfüm.

So, und dann gibt es dort das Yoga Vidya Zentrum. Man fährt den Weg hinaus zur ehemaligen Kurklinik, wird von bunten Fähnchen begrüßt, möglicherweise trifft man auf dem Weg schon einen jungen Mann mit bunter Pluderhose und Dreadlocks, der sanft während des Gehens auf seiner Gitarre rum zupft.  Eigentlich ist das hier eine alte, heruntergekommene Kurklinik aus den 70er Jahren – so gekauft von Volker Bretz in den 90ern. Unternehmersohn, BWL-Student. Bis Yoga sein Lebensinhalt wurde, als Schüler eines berühmten Yogi und jetzt selber Yogi mit Namen „Sukadev“. Er sah den Komplex mit einem hässlichen sechsstöckigen Betonbau im Zentrum, fühlte sich an eine Chakra-Pyramide erinnert und kaufte alles für  nen Appel und nen Ei, nämlich für nicht einmal eine halbe Million Euro.

Und seitdem zieht das Yoga Vidya Zentrum alle möglichen Gestalten an, zum Beispiel auch mich. Am Anfang denke ich noch an eine Art Wellness-Hotel. Da liege ich aber falsch. Ich muss mir die Bettwäsche am Empfang abholen, bekomme die Schlüssel für mein Zimmer, die noch sehr an die Kurklinik erinnern – bis auf die Fotos von Yogagurus und hinduistischen blau-bunten Göttern an den Wänden.

Das Vata-Pitta-Kapha-Alphabet

Angekommen! Eine schöne Ayurvedakur liegt vor mir. Ich suche mich durch die langen Gebäude und Gänge und finde die Yoga-Oase. Und begegne sehr vielen Menschen. Das Yoga-Vidya Zentrum  ist riesig – nach eigenen Angaben Europas größtes Yoga Seminarhaus mit 700 Betten, 30 Yoga- und Seminarräumen, 85.000 Übernachtungen pro Jahr und etwa 1500 Seminaren – sagt „Sukadev“.

Und ja, es ist voll. Es wimmelt. Das Gegenteil der leeren Innenstadt  von Bad Meinberg. Nur: Mich grüßt hier niemand, mich lächelt niemand an oder nimmt irgendwie Kontakt mit mir auf. Die Menschen hier sind sehr beschäftigt, meist mit sich selbst. Es ist jede Altersklasse vertreten (für Kinder gibt es die Ganesha-Kinderwelt) und jeder Spleen wird hier ausgelebt und herzlich empfangen. Viele tragen weiß-gelbe Kleidung, das sind glaube ich diejenigen, die hier dazu gehören.

Die Ayurveda-Oase ist klasse. Man wird aufgerufen und in einen Massageraum geführt. Der Ayurveda-Arzt fragt mich viel, sieht meine Zunge an und fühlt meine Puls: Vata-Pitta: das sei meine Konstitution. In der Ayurvedamedizin gibt es drei körperliche Konstitutionen: Nur Kapha habe ich nicht in mir. Ich bin also eher schnell, feurig, aufbrausend statt solide und dafür manchmal sinnierend und langsam. Ich bekomme ein Pülverchen Triphala mit, das ich zum Entgiften abends in Wasser gelöst trinken soll (so etwas Igtittiges habe ich lange nicht einnehmen müssen, aber ich tue es). Dann werden mir Ernährungstipps gegeben, ich soll zum Beispiel auf Rohkost verzichten (auf Kaffee, Fleisch, Alkohol sowieso, das versteht sich ja wohl von alleine). Und dann EN DLICH die erste Ayurveda-Massage. Das ist das schönste, was man sich überhaupt vorstellen kann. Eine Stunde in einem speziellen Vata-Pitta-Öl am ganzen Körper massiert (wodurch dem Körper beim Entgiften geholfen wird).

Vegan ist vegan ist vegan…

Die Nachmittags -Yogastunde schwänze ich und gehe stattdessen im Kurort Eis essen. Wieso überfällt mich dabei bloß ein schlechtes Gewissen? Ist aber so! Und als zwei Frauen, die eindeutig auch aus dem Ashram kommen, den Weg entlang kommen, ducke ich mich weg – und merke, wie auch sie peinlich berührt auf den Boden schauen – auch sie wollen Eis essen – sie haben wohl noch nichts über die Vorteile veganer Ernährung gehört.

Abendessen um 18 Uhr. Die Yogis hier essen nur zweimal am Tag und das vegan. Und sie machen sich ihre Teller so voll, dass man denken könnte, es gibt kein Morgen mehr – bei den leckeren der vielen Gerichten ist das auch gut so, sie sind schneller weg, als man einen Teller leer essen kann, darum lieber wie alle andern den Teller ganz voll machen – so dass ich etwas so werde  wie die schlimmen Menschen im Mallorca-Urlaub am Abendbuffet, die sich unter meinen verachtenden Blicken die Teller vollstopfen – aber wenn es ja auch hinterher nichts mehr gibt!!

Beim Essen belausche ich interessante Dinge: Ein buntes Ganesha-Kind zum andern: Guck mal, das ist ja ECHTE Butter! Und wie es verwundert die Augen reibt. Was war da passiert? Butter?! Na ja, ich habe sie nicht gegessen – sehr unvegan.

Vor dem zu Bett gehen: Eine Meditation. Ich sitze mit einer Wallefrau und sechs anderen Meditierenden in einem kleinen Zimmer – Steinmeditation. Vielleicht war ich naiv als ich dachte, dort wäre zumindest ein Stein in echt da…auf jeden Fall lassen wir uns von der Energie eines Fotos durchdringen – aber das klappt bei mir leider so gar nicht. Die zwanzig Minuten gehen deshalb nur ganz ganz langsam um. Wie schwer es sein kann, eine lange Zeit still zu sitzen und einen Stein anzustarren!

Gerne werden hier auch Mantras gesungen – nach der Meditation. Zum Beispiel heiliger indischer Elefantengott, heiliger indischer Elefantengott…ohhh ohhlaaaa. Es ist am Anfang noch eine innere Hemmschwelle, irgendwelche indischen Götter in Sanskrit, einer Sprache, die ich nicht gerade beherrsche, anzupreisen …aber irgendwann denke ich: Was soll`s? Solange neben dem Guru, dem Guru des Guru und einigen Hindugöttern auch noch ein Jesus und eine Maria vorne auf der Bühne angebracht sind – jeder wie er will und wie er mag und dann frage ich irgendwann nicht mehr nach dem Sinn und singe einfach mit. Ooommm?!

Ich bin gerade sehr müde, darum verschlafe ich die morgendliche Meditation und stehe erst um 9 Uhr auf – um 9:15 Uhr Yoga! Ich gehe in den großen Raum, in dem der Yoga-Kurs stattfindet. Der Lehrer schwäbelt grässlich, hat ein Mikrofon um und brüllt für mein Empfinden die Menschen im Kurs ein wenig zu sehr an. Um mich rum verbiegen sich die Menschen so, wie es eigentlich nicht geht – als Brett parallel zum Boden, als Frosch. Und jetzt die Wechselatmung? Zack Zack, ich komme nicht mit. Bis ich bemerke, dass ich im falschen Kurs gelandet bin – das hier war für Fortgeschrittene, ich  bin aber Anfängerin. Am nächsten Tag bin ich schlauer und schaue doch mal auf den Plan. Dann geht es besser mit mir und dem Yoga, obwohl der ein oder andere Feldwebel schon auf der exakten Durchführung von Tisch, Fisch und Sonnengruß besteht – aber wir sollen ja auch was lernen hier!

Das erstaunlich an dem Ganzen: Trotz komischer Menschen und einem seltsamen Klima tut die Woche in Bad Meinberg ausgesprochen gut. Die ayurvedischen Massagen – klar, die sind nicht zu toppen. Yoga und Meditation sind auch großartig, und nach einer Woche denke ich sogar, ich hätte an Kondition gewonnen. Und die Ernährung ist wie ein kleines Wunder: Ich esse zweimal am Tag so eine geschmacklose Pampe mit vielen Gewürzen oben drauf und das Ergebnis:  Ich habe weder Heißhunger auf Chips oder Gummibärchen noch habe ich überhaupt Hunger! Und: Meine Verdauung ist der Hit! He Vegan, du bist toll!

Das alles ist der Grund, warum ich jetzt schon das vierte Mal für eine Woche in Bad Meinberg in Europas größtem Yoga-Ashram war. Tut einfach gut - Oooommmmm!

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anke (Montag, 04 Dezember 2017 20:51)

    Das ist listig